Durch methodische Tricks und unseriöse Bewertungen werde versucht, die tatsächlichen erheblichen Unterschiede zwischen den Schulformen zu verwischen. So seien die meisten der veröffentlichten Tabellen in ihren Werten gemittelt und nicht schulformspezifisch ausgewiesen, was zu einem Zerrbild der tatsächlichen Arbeitszeiten in den einzelnen Schulformen führe und keine sinnvollen Folgerungen zulasse. „Es ist kein Zufall, dass das Kultusministerium die faktischen, unterschiedlichen Arbeitszeiten in seinen Betrachtungen und Pressemitteilungen unter den Teppich kehrt. Hier werden Daten bewusst manipulativ selektiert, um auf diese Weise ausschließlich die gewünschten Ergebnisse zu erzielen und die Dramatik der besonders hohen Arbeitszeit der Gymnasiallehrer zu verschleiern“, folgert Audritz und verweist in diesem Zusammenhang auch auf die einseitige Besetzung der Arbeitszeitkommission ohne gymnasiale Vertreter.
Dabei zeige die Arbeitszeituntersuchung in aller Deutlichkeit, dass die Gymnasiallehrer mit + 3.05 Stunden über den gesetzlich vorgeschriebenen 40 Stunden die meisten wöchentlichen Überstunden leisten müssen und damit deutlich höher liegen als die Grundschullehrer (+1.20 Stunden) und die Gesamtschullehrer (+0,04 Stunden). „Hier reicht doch der gesunde Menschenverstand aus, um festzustellen, wo eine Verringerung der Arbeitszeit vorrangig und am umfangreichsten erfolgen muss“, unterstreicht Audritz.
Stattdessen empfehle die Kommission eine Senkung der Unterrichtsverpflichtung ausschließlich für Grundschullehrkräfte, obwohl die Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte erwiesenermaßen am höchsten ist. Der von der Kommission für diese völlig unsachgerechte und ungerechtfertigte Benachteiligung der Gymnasiallehrer bemühte Erklärungsversuch, Grundschullehrkräfte reagierten „sensibler“ auf längere Arbeitszeiten und ihr „subjektives Belastungsempfinden“ sei deutlich stärker ausgeprägt als an Gymnasien, sei geradezu haarsträubend und lasse jegliche objektive Bewertung der erhobenen Arbeitszeitdaten vermissen. „Die Vorschläge der Kommission vermischen in unsäglicher Weise psychologische Aspekte mit einer klar messbaren Arbeitszeit. Solche methodischen Unsauberkeiten darf es nicht geben. Sie sind eines Ministeriums mehr als unwürdig“, so Audritz. Es gehe aber bei der 40-Stunden-Woche für Lehrer nicht um subjektiv empfundene Belastungen, sondern einzig und allein um die „aktenkundige“ und objektiv gemessene Arbeitszeit, betont Audritz. Alles andere sei sachwidrig und eine tendenziöse Verschleierung der realen Arbeitszeit.
Die bewusste Vernebelung der arbeitszeitlichen Notwendigkeiten an verschiedenen Schulformen durch trickreiche Berechnungsmethoden und die offensichtlich gewollte Benachteiligung des Gymnasiums werde auch durch Zuweisung eines Pools an Entlastungsstunden an alle Schulformen mehr als deutlich. Die Höhe des von der Kommission vorgesehenen Stundenpools führe dazu, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit eines Grundschullehrers auf 39.30 Stunden, die eines Gesamtschullehrers sogar auf 38.00 Stunden sinke, während der Gymnasiallehrer nach wie vor eine Wochenarbeitszeit von über 40 Stunden haben solle. „Dies ist unzumutbar und ein Schlag ins Gesicht der Gymnasiallehrkräfte. Mit Arbeitszeitgerechtigkeit hat das absolut nichts zu tun“, bemängelt Audritz.
Neben einer sachgerechten Verringerung der Unterrichtsverpflichtung der Gymnasiallehrer fordere der Philologenverband zudem, dass auch die seit Jahren verschleppten Entlastungen für bestimmte Lehrergruppen endlich angemessen berücksichtigt würden. Hier habe die Kommission für die nachweislich weit überproportional belasteten Koordinatoren eine überfällige Erhöhung der Anrechnungsstunden konkret vorgeschlagen, was absolut sachgerecht und begrüßenswert sei. „Aber entsprechende Vorschläge für alle anderen ebenfalls überproportional belasteten Gruppen fehlen gänzlich. Wir fordern auch hier die notwendigen Entlastungen z.B. für Teilzeitkräfte sowie für Funktionsinhaber und Schulleiter, und wir fordern die von der Politik seit langem zugesagte Wiederherstellung der Altersermäßigung“, unterstreicht Audritz.
Bereits im Frühjahr habe der Philologenverband daher mehrere Klagen eingereicht, über die die Gerichte in Kürze entscheiden würden. Denn mehr als drei Jahre nach dem Lüneburger Urteil zur Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte verweigere sich das Kultusministerium weiterhin allen durchgreifenden Maßnahmen zur rechtskonformen Gestaltung der Lehrerarbeitszeit. „Sogenannte “gefühlte” Belastungen und ins politische Konzept passende Verfahren werden auch jetzt wieder über sachgerechte konkrete Lösungen gestellt. Wenn der Minister als ein seiner Fürsorgepflicht genügender Dienstherr und nicht wieder als Verlierer eines Arbeitszeitprozesses in die Geschichte eingehen will, dann muss er jetzt das Steuer seiner “Arbeitszeitpolitik” gegen alle Widerstände herumreißen und Arbeitszeitgerechtigkeit für alle Lehrer herstellen“, betont Audritz.
Hannover, 22.11.2018