Der Philologenverbandsvorsitzende Horst Audritz kritisierte das dazu von Ministerin Heiligenstadt kürzlich im Landtag vorgestellte Konzept als „äußerst umständlich und zeitaufwendig”. Heiligenstadt will zunächst alle 86.000 Lehrkräfte nach „wissenschaftlichen Standards” befragen, die erhobenen Daten dann unter zusätzlicher Einbeziehung bisheriger Untersuchungen auswerten lassen und diese schließlich in einem Dialogverfahren diskutieren. Darüber hinaus soll ein Expertengremium die Tätigkeiten der Lehrkräfte „genau identifizieren und Maßstäbe für die Objektivierbarkeit von Lehrerarbeitszeit entwickeln”.
Bezeichnend sei, so Audritz, dass die Ministerin nicht einmal auf Nachfrage einen verbindlichen Zeitpunkt für die Vorlage von Ergebnissen und erst recht nicht für die Umsetzung konkreter Entlastungsmaßnahmen nenne. Unverständlich sei auch, dass sie eine generelle Untersuchung der Lehrerarbeitszeit durch ein unabhängiges Institut nach wie vor ablehne. Dies nähre den Verdacht, dass sie vor allem auf Zeit spiele und die gesetzlich vorgeschriebene 40-Stunden-Woche für Lehrer gar nicht wolle.
Heiligenstadts Rezept, wieder bei Null anzufangen, mache überhaupt keinen Sinn, betonte Audritz. Zahlreiche wenig effektive, aber zeitaufwendige Belastungen und Aufgaben, die keineswegs der Qualitätsverbesserung von Unterricht dienten, seien längst bekannt. Dazu gehörten etwa das Ausarbeiten von individuellen Lehrplänen für jede einzelne Schule, die Erarbeitung und ständige Evaluation und Fortschreibung schuleigener Konzepte für alle möglichen Aufgabenbereiche sowie ausufernde Gremiensitzungen und Konferenzen. Die umgehende Abschaffung dieser und anderer überflüssiger und wenig sinnvoller Aufgaben müsse ein erster Schritt zur Entlastung der Lehrkräfte sein. Damit werde zugleich Zeit für die Kernaufgabe von Schule, Unterricht und Erziehung, gewonnen.
Nachdrücklich warnte der Philologenverband davor, die Geduld der Lehrkräfte weiterhin zu strapazieren. Nach den bereits vorliegenden umfangreichen Erkenntnissen und zahlreichen Gesprächsrunden müssten erforderliche Maßnahmen rasch umgesetzt und endlich auch für Lehrer die gesetzlich vorgeschriebene 40-Stunden-Woche realisiert werden.
Hannover, 28.01.2016