Audritz zitierte Ministerpräsident Weil, der in seiner Regierungserklärung 2013 gesagt habe, dass Bildungspolitik auch „Wirtschaftsförderung pur” sei und dass man keinen Streit um Schulstrukturen, sondern „mehr Qualität in unserem Bildungswesen” brauche. Diesen Aussagen stimme der Philologenverband uneingeschränkt zu. Allerdings werde mit der vom Kultusministerium betriebenen „Erleichterungs-pädagogik“ das Gegenteil erreicht.
Als ein besonders groteskes Beispiel nannte Audritz einen gegenwärtig in der Anhörung befindlichen Verordnungsentwurf, nach dem ein Schüler am Gymnasium trotz zweimaliger Nichtversetzung hintereinander dennoch in die nächsthöhere Klassenstufe aufsteigen könne. Durch solche und andere Regelungen wie der Abschaffung der Schullaufbahnempfehlung und der 2. Fremdsprache in der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe, teilweise auch von Zensuren sowie der Reduzierung schriftlicher Lernkontrollen werde mit Sicherheit nicht jene Schulqualität geschaffen, die der Ministerpräsident fordere und die im gesamtgesellschaftlichen Interesse liege.
„Wir fordern ein faires Miteinander der verschiedenen Schulformen ohne Bevorzugungen oder Benachteiligungen und eine Schule, die den Schüler fördert, aber auch angemessene Leistungen und Anstrengung von ihm fordert”, unterstrich Audritz die Position seines Verbandes. Nur so könne der Schulfrieden im Lande erhalten und die wirtschaftliche und soziale Zukunft gesichert werden.
Audritz hob in seiner Rede die Wandlungsfähigkeit des Gymnasiums in den 200 Jahren seines Bestehens hervor. Allerdings gebe es einen unverzichtbaren Kern, ohne den das Gymnasium kein Gymnasium mehr sei. Dazu gehörten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, altersgemäßes wissenschaftspropädeutisches Arbeiten und selbstständiges Lernen, Fähigkeit zur Durchdringung komplizierter Sachverhalte und als allgemeines Ziel die Befähigung zu einem erfolgreichen Hochschulstudium.
Dieser Bildungsauftrag könne nur von speziell dafür ausgebildeten Gymnasiallehrern umgesetzt werden. Dem im rot-grünen Koalitionsvertrag vorgesehenen Einheitslehrer für die Klassen 5 bis 13 und damit der Abschaffung des Gymnasiallehrers erteilte Audritz erneut eine scharfe Absage. Schließlich komme auch niemand auf die absurde Idee, die Facharztausbildung abzuschaffen und stattdessen einen Einheitsarzt einzuführen. Wer dem Gymnasium eine Zukunftsperspektive geben wolle, der müsse auch Ja sagen zu einer Lehrerausbildung, die dem Bildungsauftrag dieser Schulform entspreche und die bestmögliche Förderung seiner Schülerschaft garantiere.
Zur guten und unverzichtbaren Tradition des Gymnasiums gehöre auch, dass seine Bildung der Entwicklung mündiger und urteilsfähiger Persönlichkeiten sowie kulturellen wie sozialen Werten verpflichtet sei und über Alltagsnutzen und ökonomische Verwertbarkeit hinausgehe, betonte Audritz. Durch die Beschäftigung mit Inhalten von zentraler Bedeutung sollten Wissen und Einsichten erworben und selbständiges Denken geschult werden.
Als positive Leistung der Landesregierung hob Audritz die Wiedereinführung der neunjährigen Schulzeit an Gymnasien hervor. Das zusätzliche Schuljahr müsse als Chance genutzt werden, nach dem Wegfall von Hektik und Hast wieder Zeit für vertiefendes Lernen zu haben.
Goslar, 25.11.2015
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