Wenn rot-grüne Politiker angesichts solcher Vorhaben noch von einer „Gleichberechtigung“ aller Schulformen sprächen, sei dies eine groteske Verdrehung der Tatsachen. „Wenn eine Schulform alle anderen ersetzen kann, wo ist da noch die Gleichberechtigung?“ fragte Audritz. Angesichts der Popularität des Gymnasiums wolle Rot-Grün mit der wahrheitswidrigen Behauptung, diese Schulform habe nichts zu befürchten und werde nicht angetastet, der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen und die wahren Absichten des neuen Schulgesetzes verschleiern.
Als einen gezielten Angriff auf die Funktionsfähigkeit des Gymnasiums bezeichnete Audritz auch die Abschaffung der Schullaufbahnempfehlungen am Ende der Grundschule und die starke Einschränkung der Möglichkeit, am Gymnasium überforderte Schüler auf für sie geeignete Schulformen zu überweisen. Die Eignung für den anspruchsvollen gymnasialen Bildungsgang solle in Zukunft offenbar keine Rolle mehr spielen. Mit einer erheblichen Zahl ständig überforderter Schüler könne das Gymnasium aber die staatlich gesetzten Lernziele nicht mehr erreichen. Audritz sieht darin eine gezielte Strategie, das Gymnasium von innen her kaputt zu machen.
Der Vorsitzende des Philologenverbandes unterstrich noch einmal, dass die Regierungsentscheidung, zum neunjährigen Gymnasium zurückzukehren, richtig gewesen sei. Er mahnte aber eine sinnvolle Ausgestaltung des zusätzlichen Schuljahres an. Ein Abbau der Leistungsanforderungen, den Rot-Grün betreibe, sei den Schülern wie der Gesellschaft gegenüber unverantwortlich. Die Anforderungen der Hochschulen müssten bei der Gestaltung der gymnasialen Lehrpläne stärker berücksichtigt werden, um die Zahl der Studienabbrecher zu senken.
Scharf kritisierte Audritz die andauernde Gesprächsverweigerung der Landesregierung hinsichtlich der Arbeitszeiterhöhung insbesondere für Gymnasiallehrer. Die strikte Verweigerung einer unabhängigen Untersuchung der Lehrerarbeitszeit zeige überdeutlich die Angst von Rot-Grün vor der Wahrheit. Das angebliche Lehrerentlastungspaket des Kultusministeriums bestehe fast vollständig aus „Luftnummern“.
Audritz appellierte an SPD und Grüne, sich endlich von längst widerlegten bildungspolitischen Ideologien aus der Mottenkiste der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zu verabschieden. Vor mehr als 50 Jahren habe die SPD mit ihrem legendären Godesberger Programm Abschied von verstaubten Klassenkampfparolen genommen und sich zu einer modernen Volkspartei gewandelt. Nun sei die Zeit reif für ein „schulpolitisches Godesberg“. Nur so könne sichergestellt werden, dass das Schulwesen leistungsfähig bleibe und die Schüler auf die Herausforderung der Zukunft vorbereite.
Goslar, 26.11.2014