Die 17 Maßnahmen des Aktionsplans seien größtenteils weder neu noch originär: Sie stammten im Wesentlichen aus dem Maßnahmenkatalog eines Arbeitskreises des Kultusministeriums von 2007, in dem auch der Philologenverband mitgearbeitet hatte. Anlass damals war eine für 2008 drohende Verschlechterung der Unterrichtsversorgung gewesen, der der damalige Kultusminister Busemann mit einem Maßnahmenbündel gezielt und rechtzeitig begegnen wollte.
Dass jetzt Ministerin Heiligenstadt dringend erforderliche Maßnahmen nicht in gleicher Weise frühzeitig in die Wege geleitet, sondern erst abgewartet habe, bis sich über den niedersächsischen Schulen dieses katastrophale Unterrichtsfehl zusammengebraut habe, sei ein schwerwiegendes Versäumnis. „Damit hat die Ministerin die Sicherung der Unterrichtsversorgung regelrecht verschlafen”, kritisierte Audritz. Denn manche der Maßnahmen benötigten eine längere Vorlaufzeit und könnten ihre Wirkung nicht kurzfristig entfalten.
Audritz unterstrich, dass die erforderliche Beschulung der Flüchtlingskinder die Situation zwar zusätzlich verschärfe, aber nicht die eigentliche Ursache der katastrophalen Unterrichtsversorgung sei. Der drohende Lehrermangel sei unabhängig davon vorhersehbar gewesen, denn schon in den Vorjahren habe sich in Niedersachsen die Zahl der jährlichen Lehramtsanwärter für Grund-, Haupt- und Realschulen dramatisch verringert: Sie sei von etwa 2600 im Jahre 2011 auf weniger als 1800 im Jahr 2016 gefallen, und die Zahl der zu einem Einstellungstermin fertig ausgebildeten Lehrkräfte sinke ebenfalls stetig, da sich junge Menschen immer weniger bereit zeigten, Lehrer zu werden, was sich inzwischen auch an den Gymnasien zeige.
Gleichzeitig werde der Bedarf an Lehrerstunden durch die Forcierung der Zahl der Ganztagsschulen und durch den Ausbau der Inklusion immer weiter in die Höhe getrieben, so dass die Lücke zwischen vorhandenen und in den Schulen benötigten Lehrerstunden ständig vergrößert werde.
Die jetzt von der Ministerin angegebene „voraussichtliche” Unterrichtsversorgung von 98% in diesem Schuljahr setze mindestens weitere Einstellungen voraus und sei daher, so Audritz, eine viel zu optimistische Prognose und eher Ausdruck eines irrealen Wunschdenkens, das mit der Wirklichkeit in unseren Schulen nicht viel gemein habe. Damit zeige sich aber einmal mehr, dass die „Zukunftsoffensive Bildung”, die nach Meinung der Ministerin „nach wie vor auf Hochtouren” laufe, vielmehr auf Hochtouren an die Wand gefahren worden sei, da sie es beizeiten versäumt habe, für eine zukunftsorientierte und damit bedarfsdeckende Personalausstattung der Schulen zu sorgen.
Angesichts dieser Situation komme der “17-Punkte-Aktionsplan” viel zu spät und das von Kultusministerin Heiligenstadt propagierte “Notprogramm” sei eher Ausdruck eines Offenbarungseides für eine gescheiterte Politik, den eine hilflose Ministerin nun leiste.
Hannover, 04.08.2016