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Minister irrt: 100 Prozent Unterrichtsversorgung bedeuten nicht volle Unterrichtserteilung

by p520121

Gymnasiallehrkräftebedarf erheblich höher als suggeriert


Der vermeintlich positiven Meldung des Kultusministeriums zu Beginn des neuen Schuljahres, es werde an den Gymnasien eine Unterrichtsversorgung von 100 Prozent geben, begegnet der Philologenverband mit deutlicher Kritik: „Allein die Tatsache, dass Minister Tonne und sein Haus nach wie vor so tun, als sei die Berechnung der Unterrichtsversorgung über die Schulformen hinweg vergleichbar, zeigt, dass hier eine bewusste Schönfärberei der realen Situation an den Gymnasien betrieben wird", erklärt Horst Audritz, Vorsitzender des Philologenverbandes Niedersachsen.

Es sei schlicht falsch zu suggerieren, dass mit statistischen 100 Prozent Versorgung der Unterricht an den Gymnasien in vollem Umfang erteilt werden könne. Paradoxerweise liefere das Ministerium mit den von ihm vorgestellten Zahlen zur fachspezifischen Unterrichtsversorgung den direkten Gegenbeweis für die bildungspolitische Augenwischerei in der Öffentlichkeit. „Wenn wir mittlerweile sage und schreibe neun Mangelfächer an den Gymnasien zu beklagen haben, dann kann von einer guten und vollen Unterrichtsversorgung überhaupt nicht die Rede sein”, bilanziert Audritz.

Ein weiteres Indiz für den lapidaren Umgang mit den Themen Unterrichtsversorgung und Lehrermangel sei die seit Jahren seitens des Kultusministeriums verweigerte flächendeckende Erhebung der von den Gymnasiallehrkräften geleisteten zahllosen Überstunden. Dabei zeige schon eine überschlägige Berechnung, dass bereits bei einer einzigen Überstunde pro Gymnasiallehrer im Rahmen des „Flexiblen Unterrichtseinsatzes“ umgerechnet ca. 18.000 Stunden, also 765 Lehrkräfte, fehlten; tatsächlich sei aber die Zahl viel höher. „Wir wissen von vielen Lehrkräften, dass sie 5, 8 oder 10 Überstunden vor sich herschieben, was zwar unzulässig ist, aber in den Schulen dennoch so praktiziert wird, um im Interesse der Schüler einen noch höheren Unterrichtsausfall zu vermeiden. Seit Jahren fordern wir das Kultusministerium dazu auf, die Zahl dieser Überstunden statistisch zu erfassen. Doch beharrlich weigert es sich, das zu tun, offenbar wohlwissend, dass dann öffentlich würde, in welch hoher Zahl Lehrkräfte an den Gymnasien tatsächlich fehlen”, so Audritz. Das sei ein enormer Bedarf an Lehrern, der an den Gymnasien derzeit gar nicht offenkundig werde, da das Ministerium diese Zahlen nicht erhebe.

„Die selbstkritischen Hinweise des Kultusministers auf die noch nicht zufriedenstellende Situation bei der Versorgung der Schulen sind daher nichts anderes als ein Versuch, mögliche Kritik beiseite zu wischen. Wenn hier aber nicht endlich gehandelt wird, werden wir diese Floskeln in jedem Jahr wieder hören. An unseren Schulen, für Schüler, Eltern und Lehrer, wird die Situation durch das pathologische Wegducken des Ministeriums hingegen immer schlimmer”, so Audritz abschließend.

Hannover, 08.08.2018

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