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Bereitstellung von Unterrichtsmitteln

by p520121

Schreiben des dbb-Dienstleistungszentrum April 2012 zur Frage der Kostenerstattung eines Taschenrechners

Sehr geehrter Herr ……,

Ihre Anfrage vom 18.04.2012 wurde uns vom Philologenverband Niedersachsen weitergeleitet. Zu der Frage, ob Lehrmittel durch die Lehrer zu zahlen sind, hat es bereits einige gerichtliche Entscheidungen gegeben.

Zunächst gab es die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25.10.2006 (AZ: 6 B 1880/06).

In dem vom OVG Münster zu entscheidenden Verfahren hatte die Schulverwaltung einen Lehrer angewiesen, sich Lehrmittel für den Englischunterricht in der 5. Jahrgangsstufe auf eigene Kosten zu beschaffen. Zuvor hatte es die Schulkonferenz abgelehnt, dem Lehrer die Lehrmittel aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen. Der Lehrer erhob nach Durchführung des Vorverfahrens Klage gegen seinen Dienstherrn und beantragte gleichzeitig die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Anordnung seines Dienstherrn in der Gestalt des Widerspruchsbescheids wiederherzustellen. Das VG Münster gab dem Antrag mit Beschluss vom 16.08.2006, AZ: 4 L 471/06, statt. Das OVG Münster wies die dagegen vom Dienstherrn erhobene Beschwerde mit dem beigefügten Beschluss zurück.

Beide Gerichte sind davon ausgegangen, dass es für die Beschaffungsanordnung des Dienstherrn an einer Rechtsgrundlage fehle. Das OVG hat keinen gewohnheitsrechtlichen Grundsatz des Inhalts feststellen können, wonach Lehrkräfte sich Lehrmittel auf eigene Kosten zu beschaffen hätten. Das gelte auch dann, soweit es in der Vergangenheit häufiger dazu gekommen sei, dass sich Lehrkräfte Lehrmittel tatsächlich aus eigenem Mittel beschafft hätten. Auch die Möglichkeit, selbst beschaffte Lehrmittel als Werbungskosten steuerlich geltend zu machen, könne eine derartige gewohnheitsrechtliche Verpflichtung nicht begründen. Gleiches gelte für die Erwartung des Dienstherrn, Lehrkräfte sollten sich Lehrmittel auf eigene Kosten beschaffen. Eine solche Erwartung könne keine Rechtspflicht der Beamten begründen. Das Verwaltungsgericht Münster hatte in der Ausgangsentscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Besoldung auch zu Teilen nicht dazu bestimmt sei, Arbeitsmittel zur Ausübung des Dienstes zu beschaffen. Eine derartige Verpflichtung von Beamten setze eine entsprechende Rechtsgrundlage voraus, da zumindest ein Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) vorliege. Die Allgemeine Dienstordnung für Lehrkräfte in NRW stellt keine Rechtsgrundlage dar.

Diese Entscheidungen des VG Münster und des OVG Münster betreffen lediglich das Problem, ob Beamte oder Beamtinnen dazu gezwungen werden können, auf eigene Kosten Arbeitsmittel für die Ausübung des Dienstes zu beschaffen. Diese Frage haben die beiden Gerichte zutreffend verneint. Damit wurde jedoch keine Aussage zum Umfang der Arbeitsmittel, die der Dienstherr seinen Beschäftigten tatsächlich zur Verfügung stellen muss, getroffen.

Diesen Urteilen zeitlich nachfolgend hatte das VG Koblenz über einen Kostenerstattungsanspruch eines Lehrers zu entscheiden, der sich ein Schulbuch angeschafft hatte, welches durch Konferenzbeschluss offiziell eingeführt worden war und nicht für die schuleigene Bibliothek beschafft wurde. Das VG Koblenz hatte diesem Lehrer mit Urteil vom 18.09.2007, AZ: 6 K 842/07.KO einen Kostenerstattungsanspruch zugestanden und diesen aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet. Dieses Urteil wurde jedoch durch das anliegende Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 26.02.2008. AZ: 2 A 11288/07 aufgehoben. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass der Dienstherr grundsätzlich verpflichtet ist, einem als Lehrkraft eingesetzten Beamten die zur sachgerechten Durchführung seines Unterrichts erforderlichen Lehr- und Unterrichtsmittel zur Verfügung zu stellen. Wenn der Beamte aber Lehr- und Unterrichtsmittel auf eigene Kosten anschafft, ist der Dienstherr zur Kostenerstattung grundsätzlich nur dann verpflichtet, wenn er den Beamten zuvor zum Erwerb ermächtigt hat. In dem vom OVG entschiedenen Fall lag eine entsprechende Ermächtigung nicht vor. Aus diesem Grunde wurde die Klage des Lehrers im Ergebnis abgewiesen. Begründet hat das OVG Rheinland-Pfalz seine Entscheidung damit, dass der Dienstherr einen Ermessensspielraum hat wie die Beschaffung der Schulbücher in der Praxis durchgeführt wird. Insbesondere hat das OVG darauf hingewiesen, dass eventuell durch Sammelbestellungen, Verhandlungen mit den Schulbuchverlagen und sonstigen Maßnahmen die Anschaffungskosten möglichst niedrig gehalten werden könnten. Diesem schützenswerten Interesse der öffentlichen Hand würde es zuwider laufen, wenn beamtete Lehrkräfte ohne einen hierfür erforderlichen Auftrag seitens des Dienstherrn oder des Schulträgers die von ihnen als erforderlich erachteten Lehrmittel auf eigene Verantwortung beschaffen und anschließend die ihnen entstandenen Kosten liquidieren würden. Nach dieser Entscheidung hätte der dortige Kläger versuchen müssen, auf dem Dienstweg gegebenenfalls unter Einschaltung der Aufsichtsbehörde eine Bereitstellung des in Rede stehenden Lehrbuches durch den Beklagten zu erreichen.

Darüber hinaus gibt es eine ganz aktuelle Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.02.2012 (AZ: 6 B 1562/11). In dieser Entscheidung hat das OVG festgestellt, dass ein Lehrer nicht im Wege des einstweiligen Anordnungsverfahrens erreichen kann, dass sein Dienstherr die im Unterricht zu verwendenden Lehrmittel bereitstellt. In dieser Entscheidung wurde jedoch nochmals bekräftigt, dass dann, wenn ein Lehrer Lehrmittel beschafft, deren Verwendung im Unterricht die Schulkonferenz beschlossen hat, ein Anspruch auf Erstattung der hierfür aufgewandten Kosten besteht. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 33 Abs. 5 GG, der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Voraussetzung ist, dass der Beamte über die Arbeitsmittel nicht anderweitig verfügt, er bei dem Dienstherrn rechtzeitig ihre Beschaffung beantragt und dieser den Antrag abgelehnt, oder nach angemessener Zeit nicht entschieden, hat.

Darüber hinaus gibt es eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen Urteil vom 02.05.2011 (AZ: 8 Sa 1258/10), wonach ein angestellter Lehrer Anspruch auf Kostenersatz für ein von ihm angeschafftes Lehrbuch nach § 670 BGB hat. Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Revision ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem AZ: 9 AZR 455/11 anhängig.

Bezogen auf die in der E-Mail gestellte konkrete Frage teilen wir daher mit, dass Lehrer einen Anspruch gegen ihren Dienstherrn auf Zurverfügungstellung der nötigen Lehrbücher haben. Insgesamt gilt, dass Lehrmittel, die im Unterricht zu verwenden sind, nicht von dem jeweiligen Lehrer selbst zu finanzieren sind. Bezüglich des Taschenrechnermodells stellt sich die Frage, ob es zwingend erforderlich ist, dass der Lehrer über dasselbe Modell verfügt wie die Schüler. Sollte dieses der Fall sein, sollte der Kollege einen Antrag auf Zurverfügungstellung des Taschenrechners an seinen Dienstherrn stellen. Sollte der Antrag auf Zurverfügungstellung bzw. Kostenübernahme seitens des Dienstherrn zurückgewiesen werden, könnte gegebenenfalls im Rahmen eines individuellen Rechtsschutzverfahrens Rechtsschutz für ein solches Verfahren gewährt werden.

Wir hoffen, Ihnen mit unseren Ausführungen gedient zu haben. Sollten Sie noch Fragen haben, steht Ihnen das dbb-Dienstleistungszentrum gerne weiterhin zur Verfügung.


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