Philologenverband: Wo bleibt die Glaubwürdigkeit des Ministers?
Chaos in Ministerium und Schulbehörde gefährdet massiv die Unterrichtsversorgung
Empörung und große Unruhe in den Schulen
Als chaotisch und unzumutbar hat der Philologenverband Niedersachsen die Zustände bezeichnet, die offenbar erneut in Ministerium und Landesschulbehörde herrschen, was angesichts der nun nach und nach durchsickernden Zahlen einer neuen Abordnungswelle von den Gymnasien deutlich wird. „Auch die erkennbare Salamitaktik des Ministers und seines Hauses bei der Information der Schulen sowie der Öffentlichkeit kann in keiner Weise darüber hinwegtäuschen, dass von den öffentlichen Versprechen des Ministers zu Beginn des Jahres, zum neuen Schuljahr werde es nur noch „normale” Abordnungen und darüber hinaus auch Arbeitsentlastungen geben, nichts geblieben ist. Wo bleibt da die Glaubwürdigkeit des Ministers?” fragte Horst Audritz, Vorsitzender des Philologenverbandes Niedersachsen.
„Uns wird aktuell aus den Schulen berichtet, dass sich die chaotischen Zustände des letzten Jahres wiederholen, wenn nicht gar deutlich ausweiten werden. Nach unseren Informationen soll es allein bei einer Regionalabteilung der Schulbehörde bis zu 3.000 Stunden Abordnungen von den Gymnasien an andere Schulformen geben, dazu 1.000 weitere Stunden Abordnungen von anderen Schulformen. Das ist eine unvorstellbare Anzahl allein bei einer der vier Regionalabteilungen, was nur den Schluss zulässt, dass der Minister sein Ressort nicht im Griff hat und die planerische Inkompetenz des Ministeriums die schlimmsten Befürchtungen übertrifft”, so Audritz.
Wieder würden die Schulen so kurzfristig zu Abordnungen verpflichtet, dass ihnen jeglicher Handlungsspielraum genommen werde und die gesamten unterrichtlichen Planungen für das neue Schuljahr, die seit April an den Schulen laufen und üblicherweise vor den Sommerferien abgeschlossen sein müssen, über den Haufen geworfen werden müssen. „Noch vor wenigen Tagen wurde Gymnasien von der Schulbehörde mitgeteilt, dass es keine Abordnungen im nächsten Schuljahr geben werde – zwei Tage später kommt nun die plötzliche Hiobsbotschaft, dass sie z.B. 150 Stunden abordnen müssen. Das sind mehr als 6 Lehrerstellen – ein unzumutbarer Vorgang, der nur fassungslos macht”, unterstrich Audritz.
Zu befürchten sei aufgrund der Erfahrungen des Vorjahres auch, dass erneut der Umfang der Abordnungen für einzelne Schulen ständig verändert werde und auch in den Ferien und sogar noch nach Unterrichtsbeginn immer neue Abordnungen angeordnet würden. „Im letzten Jahr mussten viele Gymnasien aufgrund dieser ständigen Änderungen immer wieder neue Unterrichtsverteilungen und Stundenpläne erstellen”, so Audritz.
Damit würden die Schulen vor kaum lösbaren Aufgaben stehen. „Wir müssen feststellen, dass unsere Befürchtungen zur Unterrichtsversorgung sich leider mehr als bestätigen”, so Audritz. Offensichtlich habe es erneut keine verlässlichen Berechnungen zur Unterrichtsversorgung gegeben, die solide Grundlage für sachgerechte Entscheidungen hätten sein können. Die Schulbehörden würden Gymnasien schon jetzt darauf hinweisen, dass sie auch bei einer Unterrichtsversorgung von teilweise weit unter 100% Abordnungen in großem Umfang vornehmen müssten. „Das führt zwangsläufig zu pädagogisch unsinnigen Klassenzusammenlegungen sowie zu Unterrichtskürzungen und Unterrichtsausfall im Pflichtunterricht und bei vielen Förderangeboten – ein Unding”, kritisierte Audritz.
„Es muss endlich Schluss sein mit den öffentlichen Täuschungsmanövern und Schönredereien des Ministers, bevor der Schaden für unsere Schüler noch größer wird”, forderte Horst Audritz. Angesichts der vorhersehbaren dramatischen Unterrichtsversorgung und der geradezu provozierenden Untätigkeit des Ministeriums hatten sich erst vor zwei Wochen der Philologenverband und der Verband der Elternräte der Gymnasien gemeinsam mit einem Brandbrief an alle Landtagsabgeordneten gewandt und unterstrichen, dass Abordnungen keine Lösung sind, sondern nur den Mangel von einer Schulform auf die andere verschieben.
„Gleichzeitig haben wir erneut zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung unterbreitet, doch passiert ist bisher nichts. Wir fordern daher den Kultusminister nochmals auf, seinem Versprechen gemäß die Abordnungen sofort zu unterbinden und endlich vorhandene Möglichkeiten zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung an allen Schulen zu nutzen. Unsere Vorschläge dazu liegen seit langem auf dem Tisch”, so Audritz.
Hannover, 13.06.2018