Erst durch die erfolgreiche Arbeitszeitklage des Philologenverbandes gegen das Land mit dem Urteil des OVG Lüneburg vom 09. Juni 2015 sei das Land gezwungen worden, endlich die viel zu hohe Arbeitszeit der Lehrkräfte in den Blick zu nehmen. Es sei aber skandalös, dass es erst dieser Klage bedurfte, damit das Land erste Anstalten unternimmt, die Arbeitszeit der Lehrer nach den gleichen Grundsätzen zu regeln, wie sie für die anderen niedersächsischen Beamten nach Recht und Gesetz gelten. „Über drei Jahre sind seit dem OVG-Urteil vergangen, ohne dass das Land gehandelt hat. Es muss jetzt dringender denn je sofort und umgehend die Arbeitszeit der Lehrkräfte rechtskonform gestalten und damit senken”, unterstrich Audritz. „Ein weiteres Spielen auf Zeit darf es nicht geben!”
Der Philologenverband teile in vielen Bereichen die Analyse der Arbeitszeitkommission, so Audritz. Sie sei über weite Strecken ein eindeutiger Beleg der geradezu willkürlichen Ausnutzung der niedersächsischen Lehrkräfte, die das Verhältnis des Verbandes zur Landesregierung schon seit Jahren erheblich belaste. Jetzt seien endlich die viel zu hohe Arbeitszeit und die in großem Umfang geleisteten Überstunden “aktenkundig”, die das Land stets geleugnet habe.
Dabei gebe es schulformspezifisch deutliche Unterschiede. So liege die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bei den Gesamtschulen um 4 Minuten, bei den Grundschulen um 1.20 Stunden und bei den Gymnasien um 3.05 Stunden über den gesetzlich vorgeschriebenen 40 Stunden. Damit bestätige sich erneut einmal mehr das Ergebnis aller anderen wissenschaftlichen Untersuchungen, dass die Gymnasiallehrer die bei weitem höchste Arbeitszeit zu verzeichnen haben.
„Wie die Kommission aufgrund dieser ihrer eigenen eindeutigen Feststellung zu der Empfehlung kommen kann, nur die Unterrichtsverpflichtung der Grundschullehrkräfte, aber nicht die der Gymnasiallehrkräfte zu senken, ist völlig unverständlich und inakzeptabel”, unterstrich Audritz. Die von der Kommission gegebene Begründung, Grundschullehrer fühlten sich „subjektiv‘“ stärker belastet, könne in keiner Weise überzeugen. „Es geht hier nicht um subjektiv empfundene Belastungen, sondern um objektiv feststellbare Arbeitszeit und die rechtliche Vorgabe einer 40-Stunden-Woche, und da sind die Ergebnisse mehr als eindeutig. Das jedoch will man offenbar nach wie vor nicht zur Kenntnis nehmen, wenn man zunächst nur die Pflichtstundenzahl der Grundschullehrer senken will. Das aber werden wir nicht mit uns machen lassen”, betonte Horst Audritz.
Übereinstimmung mit der Arbeitszeitkommission bestehe in Bezug auf Teilzeitlehrkräfte. Auch der Philologenverband habe schon seit langem die überproportional hohe Arbeitszeit von Teilzeitlehrkräften kritisiert und die erst 2017 neu erlassenen Regelungen des Landes für Teilzeitlehrkräfte mit Nachdruck abgelehnt, da sie in keiner Weise Grundlage für eine rechtskonforme Arbeitszeit der Teilzeitkräfte sein können. „Doch das Kultusministerium hat unsere Bedenken und Einwände einfach vom Tisch gewischt“, bemängelte Audritz. „Für Teilzeitkräfte müssen jetzt endlich dringend Anrechnungsstunden bereitgestellt werden.”
Auch einen zeitlichen Ausgleich für die zu hohe Arbeitszeit von Funktionsinhabern in den Schulleitungen habe der Philologenverband immer wieder gefordert. Dies betreffe auch Funktionsinhaber an Gymnasien, die z.B. als Fachkonferenzleiter oder Sammlungsleiter umfangreiche zusätzliche Aufgaben erfüllten. „Da alle politischen Gespräche auch hier auf taube Ohren gestoßen sind, haben wir im Sommer 2018 mehrere Klagen eingereicht, die Anfang 2019 von den Gerichten entschieden werden“, erläuterte Audritz. Das Land könne sich hier eine weitere blamable Niederlage vor Gericht ersparen, wenn es umgehend den Ergebnissen der Arbeitszeitkommission entsprechend handele und den genannten Funktionsinhabern einen zeitlichen Ausgleich in Form von Anrechnungsstunden zuweise.
Audritz verwies wie die Arbeitszeitkommission auch auf die besonders hohe Arbeitszeit älterer Lehrkräfte, die es zu senken gelte. Deshalb sei richtigerweise im Koalitionsvertrag von SPD und CDU die Wiedereinführung der zuvor wortbrüchig gestrichenen Altersermäßigung vereinbart worden. „Dies ist auch zur Gesunderhaltung älterer Lehrkräfte dringend erforderlich. Doch bisher ist die Landesregierung auch hier offenkundig nicht bereit, endlich zu handeln”, bemängelte Audritz.
“Der Abschlussbericht der Kommission zeigt einmal mehr”, so das Fazit von Audritz, “wie das Land in geradezu sträflicher Weise seine Fürsorgepflicht gegenüber den Lehrern ständig vernachlässigt. Damit muss nun Schluss sein. Der Abschlussbericht der Expertenkommission mit seinen für das Land mehr als beschämenden Ergebnissen muss Mahnung und Appell zugleich sein, endlich zu handeln und rechtliche Normen und Vorgaben nicht länger zu verletzen.”
Hannover, 01.11.2018