Schreiben des dbb-Dienstleistungszentrums vom Mai 2013 zur
Bereitstellung von Schulbüchern für Lehrkräfte
Sehr geehrter Herr …,
in der vorbezeichneten Angelegenheit möchten wir Ihre Anfrage vom 14.05.2013 betreffend die aktuelle Rechtsprechung des BAG zur Bereitstellung von Schulbüchern für Lehrkräfte wie folgt beantworten:
Zunächst möchten wir auf unsere Stellungnahme vom April 2012 in der Rechtsschutzangelegenheit Ihres Kollegen ….. verweisen. Damals hatten wir umfassend zu der Problematik der Kostenerstattung für Lehrmittel/Schulbücher Stellung genommen. Diese Ausführungen gelten selbstverständlich uneingeschränkt weiter. Sie endeten sozusagen mit dem Stand der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 02.05.2011.
Diese landesarbeitsgerichtliche Entscheidung ist nunmehr letztlich inhaltlich bestätigt worden durch die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 12.03.2013, Az. 9 AZR 455/11.
Insofern hatte auch das Bundesarbeitsgericht nun bestätigt, dass einem Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung von § 670 BGB Aufwendungen zu ersetzen sind, die dieser in Bezug auf die Arbeitsausführungen gemacht hat, wenn die erbrachten Aufwendungen nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten sind und der Arbeitnehmer diese nach verständigem Ermessen subjektiv für notwendig halten durfte.
Damit hat dann also das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung nicht grundsätzlich Neues entschieden, sondern die Tendenzen in der Rechtsprechung und so auch ganz konkret die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Niedersachsen vom 02.05.2011 inhaltlich bestätigt.
Wichtig ist in der Angelegenheit allerdings auch mit Blick darauf, dass auch in den Medien immer das Schlagwort „Kostenerstattung für Schulbücher“ verwendet wird, darauf hinzuweisen, dass es primär nicht um Kostenerstattung geht.
Der primäre Anspruch, den auch das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich bejaht hat, ist vielmehr darauf gerichtet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern Schulbücher bereit zu stellen hat.
Insofern ist eben auch unsererseits ausdrücklich im Betreff „Bereitstellung von Schulbüchern“ gewählt worden und auch das Niedersächsische Kultusministerium hat insoweit zutreffend in seinem Erlass vom 07.05.2013 diesen mit „Bereitstellung von Schulbüchern für Lehrkräfte“ überschrieben.
Insofern hat also tatsächlich auch das BAG in seiner Entscheidung die auch vom Niedersächsischen Kultusministerium in seinem Erlass niedergelegte Reihenfolge so festgelegt. Mithin muss also die Lehrkraft zunächst einmal ausdrücklich gegenüber der Schule geltend machen, dass ihr ein für den Unterricht benötigtes Lehrbuch, dessen Verwendung von der Fachkonferenz oder Bildungsgangs- und Fachgruppe beschlossen worden ist, zur Verfügung gestellt wird.
Erst dann, wenn durch die Schule ein derartiges Lehrbuch der Lehrkraft nicht zur Verfügung gestellt wird oder aber nach angemessener Fristsetzung überhaupt keine Entscheidung über den Antrag auf Bereitstellung des Lehrbuchs erfolgt, kann die Lehrkraft berechtigt sein, eine eigene Anschaffung eines Lehrbuchs zu tätigen und dafür dann erbrachte Aufwendungen erstattet zu bekommen.
Die Lehrkraft darf also nicht hingehen und von vornherein ein Lehrbuch kaufen und dann gegenüber dem Arbeitgeber die Erstattung der Aufwendungen geltend machen.
Insofern besteht eben letztlich auch kein tatsächlicher Anspruch auf ein „eigenes Buch“, sondern eben ein Anspruch auf Zur-Verfügung-Stellung eines Buches, der selbstverständlich auch dadurch erfüllt werden kann – und im Regelfall auch wohl so erfüllt werden wird – dass an der Schule grundsätzlich ein Buch zur Verfügung steht, insbesondere also in der Schulbibliothek eines oder mehrere Lehrbücher zur Verfügung stellen und der Lehrkraft zur Nutzung überlassen werden.
Für den Bereich der Tarifkräfte liegt mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.03.2013 nunmehr eine höchstrichterliche Entscheidung, mithin also eine „Musterentscheidung“ vor, so dass hier letztlich abschließend das Bestehen des Rechtsanspruchs und dessen Verwirklichung durch die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts geregelt ist.
Für den Beamtenbereich gibt es, wie in unserem Schriftsatz vom April 2013 bereits im Einzelnen dargelegt, ebenfalls mehrere erstinstanzliche und obergerichtliche Entscheidungen.
Insbesondere auch den obergerichtlichen Entscheidungen ist im Wesentlichen die gleiche Tendenz wie in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu entnehmen.
Auch in diesen Entscheidungen ist im Kern festgelegt worden, dass es einen Anspruch auf Bereitstellung der Bücher gegenüber dem Dienstherrn gibt. Auch hier ist wieder klargestellt worden, dass vorrangig also der Antrag des Beamten sich auf die Bereitstellung eines Lehrbuchs richten muss und erst in dem Fall, in dem ein derartiger Antrag abgelehnt werden sollte oder nach angemessener Zeit über ihn gar nicht entschieden wird, der Beamte Anspruch auf Erstattung von ihm dann selbst getätigter Aufwendungen für eine Anschaffung eines Buches hat.
Insbesondere der soweit ersichtlich jedenfalls aktuellsten obergerichtlichen Entscheidung des OVG Münster vom 06.02.2012 ist also zu entnehmen, dass ein Erstattungsanspruch von der Voraussetzung abhängt, dass der Lehrer über die erforderlichen Arbeitsmittel nicht anderweitig verfügt, er beim Dienstherrn rechtzeitig deren Zur-Verfügung-Stellung beantragt hat und der Dienstherr den Antrag abgelehnt hat oder über diesen nicht in angemessener Zeit überhaupt entschieden hat.
Dieses bedeutet letztlich dann sowohl für die Tarifkräfte als auch für die Beamten, dass an die Arbeitgeber/Dienstherrn Anträge auf Bereitstellung für den Unterricht benötigter Lehrbücher gestellt werden müssen/können.
Nach der Rechtsprechung des BAG und der obergerichtlichen Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte muss der Arbeitgeber/Dienstherr dabei diesem Antrag auf Bereitstellung von Schulbüchern regelmäßig nachkommen.
Sollte dieses nicht der Fall sein, also eine Ablehnung des Antrages erfolgen oder aber in angemessener Zeit – sinnvollerweise mit vorheriger Fristsetzung durch den Bediensteten – gar keine Entscheidung erfolgen, kann der Beamte dann eine eigene Buchanschaffung tätigen. Die Aufwendungen hierfür kann er dann zur Erstattung geltend machen.
Wesentlich erscheint uns also daher insbesondere nochmals bei der Information an die Mitglieder diese „Zweiaktigkeit“ des Verfahrens deutlich zu machen, also insbesondere darauf hinzuweisen, dass es nicht möglich ist, sich zunächst selbst Lehrbücher zu beschaffen und dann nachfolgend die Aufwendungen zur Erstattung einzureichen. Wesentlich ist vielmehr, dass zunächst immer ein Antrag an den Arbeitgeber/Dienstherrn auf Bereitstellung der für den Unterricht benötigten Lehrbücher pp. gestellt wird.
Abschließend sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die schriftlichen Urteilsgründe der Entscheidung des BAG vom 12.03.2013 aktuell noch nicht vorliegen. Insofern hatte dann auch das Niedersächsische Kultusministerium mit Schriftsatz vom 07.05.2013 erst „vorläufige“ Handlungsempfehlungen gegeben.
Sobald diese schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, würden wir in der Angelegenheit Ihnen diese nochmals zukommen lassen und dann gegebenenfalls mit Blick auf die Ausführungen in den schriftlichen Urteilsgründen noch gegebenenfalls ergänzende Ausführungen tätigen.