Als Philologenverband haben wir am 28. Oktober gemeinsam mit dem NBB vor dem Finanzministerium gegen die bisherigen „Ergebnisse“ der Tarifverhandlungen der Länder demonstriert.
Wir wollten unserem Dienstherrn zeigen, dass wir unsere Interessen auch durchsetzen können, und zwar im Schulterschluss zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten.
Den Vorsitzenden der Tarifkommission der Länder, unseren Niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers, haben wir aufgefordert, dem öffentlichen Dienst endlich zu geben, was ihm zusteht. Denn: Der öffentliche Dienst ist systemrelevant. Er muss attraktiver und konkurrenzfähiger werden. Unser Gemeinwesen braucht gutes und engagiertes Personal, die Einsteiger brauchen berufliche Perspektiven.
Unsere Forderungen sind mehr als bescheiden: 5 Prozent Gehaltserhöhung im nächsten Jahr, mindestens aber 150 Euro, und das bei einer Inflationsrate von über 4 Prozent und Minuszinsen auf Spareinlagen. Arbeit muss sich lohnen, wir wollen von den allgemeinen Tarifsteigerungen in der Wirtschaft nicht abgekoppelt werden, und wir dürfen nicht Opfer einer falschen Sparpolitik sein.
Dabei besteht an allen Ecken und Enden sogar Nachholbedarf:
· nach wie vor gibt es Einkommensrückstände, noch immer steigen die Gehälter langsamer als in anderen Branchen,
· die Gehälter klaffen im Vergleich zum Bund und zwischen den Bundesländern erheblich auseinander,
· die Arbeitszeitregelungen sind nicht einheitlich,
· unzureichende Aufstiegsmöglichkeiten,
· unterschiedliche und mangelhafte Übertagung der Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich,
· bleibende Kürzungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld für Beamte in den Ländern,
· ganz zu schweigen von mangelhafter Ausstattung von Arbeitsplätzen.
Für uns war dieser Protest Ausdruck der Solidarität mit den Tarifbeschäftigten. Wir haben zahlreiche gemeinsame Interessen: Ohne uns, ohne gutes Personal und zeitgemäße Ausstattung der Dienststellen geht es nicht. Wir erwarten nach der Durststrecke der Pandemie endlich die entsprechende Wertschätzung, denn wir haben auch entsprechend mehr geleistet. Ein einfaches Dankeschön und Beifall reichen nicht aus.
Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass Bürgernähe und staatliche Fürsorge nur durch einen funktionsfähigen öffentlichen Dienst zu gewährleisten sind.
Im Bildungsbereich hat sich deshalb, u.a. wegen des Mehraufwandes bei Home- und Wechselunterricht, bei der individuellen Förderung und ständiger Überarbeitung neuer pädagogischer Konzepte ein Berg von Mehrarbeit angesammelt. Kolleginnen und Kollegen klagen über gesundheitliche Belastungen und Überforderung, über zunehmende bürokratische und organisatorische Auflagen. Die Arbeitszeitregelungen sind unbefriedigend. Neuausrichtungen bleiben mit Verweis auf die Pandemie ausgesetzt. Die Unterrichtsversorgung stagniert auf einem zu niedrigen Stand.
Damit die Bildung nicht baden geht, brauchen auch wir dringend mehr Lehrerinnen und Lehrer zu guten Bedingungen. Das Home-Office bildet nicht.
Kluge Köpfe kosten, Herr Minister!
Es darf nicht bei dem enttäuschenden Auftakt der Tarifrunde bleiben, bei dem die Corona-Situation als Alibi für Maßhalten vorgeschoben wird. Ich zitiere:
„Wir streben eine schnelle Konsolidierung der Haushalte ohne neue Schulden an. … Bei einem Anteil der Personalkosten von durchschnittlich 45 Prozent des Haushaltsvolumens wird dieser Bereich einen nennenswerten Beitrag leisten müssen.“
Das ist Sparen an der falschen Stelle. Keine Haushaltssanierung auf unserem Rücken!
Die Lage ist nicht so schlecht wie sie gemacht wird.
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren sogar, dass die öffentliche Schuldenstandsquote von 71 Prozent im Jahr 2021 auf 67 Prozent im Jahr 2022 abnehmen wird.
Unsere Tarifforderungen bedrohen weder die Geldwertstabilität, weder die Sicherheit der Arbeitsplätze noch das Wiedergesunden der Wirtschaft. Die Arbeitgeberseite muss sich deshalb in Wort und Tat endlich zu einem motivierten, bürgerfreundlichen und gut ausgebildeten öffentlichen Dienst bekennen. Gehalt und Besoldung müssen der Einkommensentwicklung anderer Berufsgruppen entsprechen.
Leistung muss sich lohnen: darum 5 Prozent mehr, mindestens 150 Euro monatlich und bessere Zukunftschancen!
Und wir fordern die zeitgleiche und systemgerechte Übertragung des Verhandlungsergebnisses auf die Beamten und Versorgungsempfänger der Länder.
Wir sind es leid, weiterhin hintenan zu stehen.
Bürgernähe nur mit uns.
Bildung nur mit uns.
Zukunft nur mit uns.
von Horst Audritz