Regelungen zur Organisation des Unterrichts der Schuljahrgänge 1 bis 10 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie:
Distanzlernen unter den vorgegebenen Bedingungen überfordert Schüler, Eltern und Lehrkräfte
„Der neueste Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums zur Organisation des Lernens unter Pandemiebedingungen stellt den Versuch dar, besonders die Vorgaben für den Unterricht im Distanzlernen zu präzisieren. Dabei geht man zwar davon aus, dass der reguläre Unterricht nicht „gleichwertig und vollumfänglich“ ersetzt werden kann, gleichwohl wird ein eher trügerisches Idealbild von Homeschooling entworfen, das in der Realität unter den gegebenen Bedingungen kaum einlösbar ist“, so der Verbandsvorsitzende Horst Audritz.
Der Erlass unterscheide zu wenig zwischen den verschiedenen Schulformen, Schulstufen, Klassenstärken und Altersgruppen und beachte trotz verbaler Bekenntnisse zu eingeschränkten technischen Möglichkeiten und häuslichen Voraussetzungen die Grenzen des Distanzunterrichts zu wenig. „Lehrkräfte sind aufgefordert, regelmäßig Aufgaben zu stellen, zeitnah jeder Schülerin/jedem Schüler individuelle Rückmeldungen zu geben, den Arbeitsalltag zusammen mit den Schülerinnen und Schülern zu strukturieren, erreichbar zu sein und die ,regelmäßige Kontaktpflege sowie Beziehungs- und Beratungsarbeit´ auszubauen“, zählt Audritz unter anderem den Aufgabenkanon auf. „Wir sprechen hier von Schüleranzahlen bis zu 180 Individuen und mehr pro Fachlehrkraft“.
Tägliche Videokonferenzen und Sprechzeiten per Telefon oder Chat seien seitens des Ministeriums ausdrücklich gewünscht, soweit technisch möglich. Aber kein Wort zu rechtlich erlaubten und durch den Datenschutz gedeckten Kommunikationsmitteln und arbeitszeitrechtlichen Vorschriften. „Wo bleibt die verbindliche Liste zu den erlaubten digitalen Diensten und Konferenzsystemen? Wo bleiben die Endgeräte? Ist die Arbeitszeit im Distanzlernen für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler und Eltern frei disponierbar? Ist die Trennung von Privatem und Arbeit gänzlich aufgehoben? Hier bedarf es dringend fester Grenzen“, betont der Vorsitzende. Lehrkräfte seien durch den Erlass quasi gezwungen, die Strukturierung des Alltags in den Familien mit zu organisieren.
Audritz: „Einvernehmen besteht darin, dass der Unterricht in Pandemiezeiten flexibel gestaltet werden muss und Schüler sowie Lehrkräfte der Schul- bzw. Dienstpflicht nachkommen müssen. Niemand soll zudem wegen der Belastungen der Pandemie zusätzlich Nachteile erleiden, das gilt sowohl für Schüler wie für Lehrkräfte“. Insofern sei es folgerichtig, die Zahl der verbindlichen schriftlichen Arbeiten anzupassen und Möglichkeiten für alternative Leistungsüberprüfungen zu eröffnen. Absprache der Lehrkräfte zum Unterricht, zum Umfang und zur Art der Aufgabenstellungen seien stets gelebte Praxis.
„Grundsätzlich bekennen wir uns zu der Verantwortung der Lehrkräfte für ein vertretbares Unterrichtsangebot. Maßgeblich dafür sollte auch weiterhin die pädagogische Eigenverantwortung der Lehrkräfte sein. Alles was den Rahmen bisheriger Aufgaben sprengt, bedarf zusätzlicher Ressourcen und ausgleichender Entlastungen“, fordert der Verbandsvorsitzende. Geradezu unerträglich sei die mangelhafte Unterrichtsversorgung, die sich immer noch an einem Minimalwert von 100 Prozent orientiere. Die Pandemie lehre nun auf bittere Weise, dass erst eine 130-prozentige Unterrichtsversorgung ausreichend Puffer für die Aufrechterhaltung des Unterrichtsbetriebs schaffe.
04.03.2021
PHVN Pressemittlung Philologenverband Niedersachsen Regelungen