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Abordnungschaos – the same procedure as every year

by hermelingmeier

Was bisher geschehen ist

Vor zweieinhalb Jahren erreichte uns in den damaligen Sommerferien die erste größere Abordnungswelle. Auf Proteste wurde mit den üblichen Versprechungen, die Situation zeitnah bereinigen zu können, reagiert. Ein Jahr später erfolgte eine Fortsetzung der Abordnungsmaßnahmen „als notwendiges Übel“, weil die Situation sich nicht verbessert hatte. Neu war jetzt allerdings, dass in typischer „Salamitaktik“ zunächst vielfach nur mit halbjährigen Abordnungen gearbeitet wurde.

Zum Jahreswechsel 2020 und damit zum neuen Schulhalbjahr hat das Kultusministerium seine Abordnungswelle fortgesetzt. Bisher hieß es aus dem Ministerium: „Wir müssen an Schulen mit weniger Lehrern aushelfen, damit dort kein Unterricht ausfällt“ und: „Als Beamter sind Sie verpflichtet, hier mitzuhelfen, denn es darf kein Unterricht ausfallen“.

 

Da fragt man sich, was denn der Kultusminister mit seinen Mitarbeitern eigentlich wirklich dafür getan hat, diesen nun schon lange andauernden Missstand zu beseitigen?! Als Landesbeamte sind sie schließlich nach ihrer eigenen Logik ebenfalls verpflichtet, zeitnah alles Mögliche zu veranlassen, dass diese unhaltbaren Zustände beseitigt werden.

 

Tatsache ist leider, dass sich die Situation nicht wie erhofft verbessert, sondern massiv verschlechtert hat. Uns erreichen laufend neue Hilferufe aus den Schulen und auch von besorgten Eltern, weil der „Verschiebebahnhof“ munter weiter ausgebaut wird, mit ähnlichen Erfolgen, wie man es von der Deutschen Bahn zur Genüge kennt.

Das Chaos vergrößert sich mit jedem Fahrplanwechsel, keine der wohlklingenden  Versprechungen werden eingehalten. Die „Durchsagen an die Kunden“ ähneln sich, bleiben vage oder werden ganz eingestellt. Mit großer Verunsicherung gingen die Kollegen somit in die Weihnachtsferien, weil keiner vorher wusste, wohin die Reise geht.

Mit statistischen Zahlenspielen wird die Öffentlichkeit getäuscht. So gibt es Fälle, bei denen vor Ort ganz andere Fähigkeiten bzw. Tätigkeiten erforderlich sind als zuvor als angeblicher Mangel ausgewiesen wurde. Es findet offensichtlich kein Austausch unter den benachbarten Schulen statt, Lehrerprofessionalität war gestern, heute geht es eben nur noch um Stundenkontingente, die zu liefern sind.

 

Die Probleme verschärfen sich

So werden abgeordnete Kollegen dort eingesetzt, wo die aufnehmende Schule schon viele Probleme nicht lösen konnte. Wir erhalten Berichte, dass sie in Klassen, in denen die Kollegen der Abordnungsschulen schon Schwierigkeiten hatten, buchstäblich verheizt werden. Sie sollen an einer fremden Schule, deren Regeln sie nicht kennen, mal eben Klassenleitungsaufgaben wahrnehmen und die Eltern zur Schullaufbahn an einer fremden Schule beraten. Sie sollen an der Schulentwicklungsplanung mitarbeiten, an Dienstbesprechungen, Konferenzen und Teamsitzungen teilnehmen, zu Elternsprechtagen anreisen und Bereitschaftsdienste übernehmen. Ach ja, der Unterricht an den Gymnasien geht ja auch noch weiter, da verlangt der abgebende Schulleiter zu Recht natürlich auch dort den vollen Einsatz.  So kann das nicht weitergehen!

 

Lösungen sehen anders aus

Daher erwarten wir von den Schulleitern der aufnehmenden Schulen, dass sie ihre Schule mit ihrem Personal so organisieren, dass die abgeordneten Kollegen den angemeldeten Unterrichtsausfall kompensieren und nicht zu allerlei anderen Tätigkeiten verpflichtet werden. Dazu wurden Abordnungen eigentlich ursprünglich einmal „erfunden“.

 

Hier ein Beispiel, wie positive Eigeninitiative von der Behörde verhindert wird. So konnte ein hilfsbereiter Gymnasialkollege auf Nachfrage nicht ganz an eine Grundschule versetzt werden, weil ihm angeblich die entsprechende Grundschullehrerausbildung fehlte. Wie kann es sein, dass die Behörde uns einerseits die schulformübergreifenden Abordnungen auferlegt, aber andererseits eine Versetzung „mangels Professionalität“ durch die gleiche Behörde beamtenrechtlich nicht möglich ist?

Stattdessen wird vielfach versucht, mit zunächst halbjährlichen Abordnungen die Mitbestimmungsrechte der Personalräte zu umgehen, da sie dann nicht in der Mitbestimmung sind. Damit werden vollendete Tatsachen geschaffen, in der Hoffnung, dass sich viele Kollegen dann aus ihrer pädagogischen Verantwortung heraus einer Verlängerung der Abordnung nicht verweigern. Gleichzeitig wird der reale Umfang der Abordnungen gekonnt verschleiert.

 

Die Wirklichkeit wird nicht wahrgenommen

Dies alles führt dazu, dass auch am „Abfahrtsbahnhof“ keine Verlässlichkeit mehr gegeben ist: Der Unterrichtsausfall an den Gymnasien steigt laufend an, weil die abgeordneten Kollegen fehlen und das „verbleibende Zugpersonal“ den Rest irgendwie erledigen soll. Mit dieser massiv gestiegenen Mehrbelastung erhöht sich der Frust und damit verbunden der Krankenstand. Kein Wunder, dass man niemand mehr findet, der sich das auf Dauer antun möchte. Dass Niedersachsen im Wettbewerb um Lehrkräfte längst aufs Abstellgleis geraten ist, zeigt sich an der weiter steigenden Anzahl an Versetzungsanträgen in andere Bundesländer und an der Tatsache, dass angehende Studienreferendare ihre zweite Ausbildungsphase lieber gar nicht erst in Niedersachsen beginnen wollen.

Damit verpufft die gut gemeinte über 200Tausend Euro teure Werbekampagne „Job mit Klasse“, bevor sie richtig begonnen hat.

Die unzureichende Zahl an Ausbildungsplätzen sind das eigentliche Grundproblem in Niedersachsen, angefangen an den Universitäten, fortgesetzt in den Studienseminaren. So kamen in der Vergangenheit vielfach an einzelnen Studienorten allein deshalb faktisch schon Bewerber mit höheren Durchschnittsnoten als 2,0 nicht mehr zum Zuge, obwohl auch Bewerber mit einem etwas schlechten Notendurchschnitt  mit Sicherheit über das notwendige pädagogische Talent und Empathie verfügen, um in den Grundschulen erfolgreich arbeiten zu können. Weiterhin sind nicht alle Fächerkombinationen möglich. Die verantwortlichen Ministerien müssen diese offensichtlichen Grundprobleme jetzt an der Wurzel packen und “das Nadelöhr” auch durch Öffnung für weitere Fächerkombinationen umgehend beseitigen.

Es fehlt ein Belohnungssystem

Kollegen, die sich gutgläubig freiwillig überhälftig abordnen lassen würden, werden durch die Behörde mit einer Gehaltskürzung bestraft, weil  sich die Berechnungsgrößen verändern. Das ist im Jahr 2020 der Dank der Behörde für Engagement und Mithilfe! Auch das muss umgehend geändert werden, denn jede Stunde zählt.

Liebe Kollegen, lassen Sie sich nicht zwingen, durch eine überhälftige Abordnung für weniger Gehalt arbeiten zu müssen. Geben Sie dazu nicht ihr Einverständnis oder ziehen Sie dieses zurück, wenn Sie eine entsprechende Gehaltsabrechnung vorliegen haben.

Die Krönung ist das neue „Merkblatt Reisekostenhinweise“ vom 1.8.2019 für Abordnungen. Dort findet man, dass in bestimmten Fällen nicht mehr jede Fahrt zur Abordnungsschule abgerechnet werden kann. So gibt es für eine überhälftige Abordnung Sonderregelungen, die unbedingt zu beachten sind. (Das Merkblatt ist bei Google unter diesem Stichwort abrufbar)

Weiterhin gibt es bei der Nutzung von einem Privat-PKW in der Regel nur die „kleine Wegstreckenentschädigung“ (20ct/km). Für die „große Wegstreckenentschädigung“ nach   §5 Abs.3 NRKVO mit einer Erstattung von 30ct/km muss vorher bei der Schulleitung eine schriftliche Genehmigung eingeholt  werden. Wichtig: Dann und nur dann wäre das private Kfz auch gegen Sachschäden am eigenen Fahrzeug versichert. Das ist der Dank und die Wertschätzung des Arbeitgebers gegenüber denen, die das System Schule tragen helfen. So ist zum Beispiel immer noch das Gerücht im Umlauf, dass man sein privates Kfz für Dienstfahrten einsetzen muss. Dies ist natürlich nicht korrekt, und Sie sollten es sich gut überlegen, ob Sie das für 20ct/km überhaupt machen wollen.

 

Unsere Personalräte stehen Ihnen bei

Lassen Sie sich im Zweifelsfall von unseren Personalräten beraten, rufen Sie uns an, schreiben Sie uns! Teilen Sie uns „Ihre persönlichen Erlebnisse“ mit, wir sammeln Ihre Beiträge für weitere Aktivitäten.

 

Was geschieht im Sommer?

Im Sommer laufen viele Abordnungsverfügungen aus. Es wurde signalisiert, dass dann viele Kollegen, die bisher an Abordnungsschulen „geparkt“ wurden, wieder an die Gymnasien zurück kommen sollen, weil dort das 13. Schuljahr beginnt und daher dort auch wieder mehr Lehrer gebraucht werden. Allein, es fehlt der Glaube, denn dann fehlen diese Kollegen ja schon wieder an den vielen Oberschulen, Grundschulen und IGSen…

Wir werden sehen, wie und ob die Probleme durch das Ministerium und die Schulbehörde gelöst werden.  Schwierige Aufgaben sollten nicht nur als solche erkannt sondern auch endlich einmal mit Nachdruck bearbeitet werden, erst das zeichnet wirkliche Klasse aus. Der PHVN wird sein Augenmerk weiter und immer wieder auf diese Abordnungstragödie richten und seine Kritik gegenüber dem Dienstherrn solange äußern bis es heißt: „Not the same procedure as last year.“

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